Montag, 23. Oktober 2017

Taub und blind

Hier ein älterer Text, den ich nur ungefähr auf das Jahr 2013 datieren kann.
Eine kleine Zeitreise in die Vergangenheit:


Dunkelheit.
Was macht das schon, wenn man blind ist und das Licht niemals sah?
Chopins "Regentropfenprelude", Beethovens "Mondscheinsonate"?
Sie sind mir egal, denn ich bin taub.

Es ist kalt in dem Raum in dem ich sitze und ich fühle mich müde, also ist es vermutlich mal wieder mitten in der Nacht. Ich störe mich nicht an der Kälte, denn obwohl ich schon so manche Nacht an einem behaglichen Feuer verbrachte, vermochte es die Wärme doch nie, mich zu durchdringen.

Ich fühle mich, als sei ich unempfänglich für jede Schönheit, die auf der Welt existiert. Als wollte jemand, dass ich mein Dasein auf diese Weise friste. Ich glaube, irgendwo neben mir steht eine Schar amüsierter Menschen, die auf mich zeigen, Tag für Tag, und sie lachen laut über mich armseligen Tor, über meine ungepflegte Gestalt, über meine lächerlichen Versuche,  mich ihnen begreiflich zu machen; aber ich höre sie nicht, denn ich bin taub und ich sehe sie nicht, denn ich bin blind.
Ich kann sie nicht aufspüren, denn ihre Wärme ist mir fremd.

Ich weiß nicht mehr, wann ich aufhörte, zu hören. Ich weiß nicht mehr, wann mir die Fähigkeit abhanden kam, zu sehen; und in welcher Reihenfolge.
Und wozu wäre dieses Wissen relevant?
Heute bleibt mir nur noch das Schreiben dieser Gedanken auf Papier.
Sie sind meine Worte des Abschieds, die niemals jemand lesen wird.
Ich möchte sie in die Nacht hinausschreien, doch ich bin stumm.

Doch ein Sinn bleibt mir noch.
Ich habe nie verlernt, zu spüren.
Während meine Kugelschreibermine kratzend über das Papier gleitet, wilder und wilder, probiere ich die Zeichen zu deuten, an die ich schon Sekunden später kaum noch erinnere.
Ob das, was ich schreibe für ein fremdes Auge wohl noch einen Sinn ergeben mag, frage ich mich.

Und wenn ihr schon die Zeichen deuten könntet, was sagten sie für euch?

_

Eine Hand streift des frustrierten Schreiberlings Hals. Die Hand gehört zu einem Arm, der Arm zum Körper einer wunderschönen, jungen Frau.
"Ich habe dich nicht gesehen", sagt er zu ihr,
"Und nicht gehört."
Sein Stift kratzt weiter über den Bogen unter seiner Hand.
"Aber ich habe dich gespürt."

Und da wurd's ihm warm ums Herz.

Samstag, 14. Oktober 2017

Über das Vergessen

Als ich gerade ein altes Chatlog aus dem Jahre 2013 durchgelesen habe, wurde mir erst bewusst, wie viel man in einem Leben vergessen kann, wenn die Personen, die mit diesen Erinnerungen verknüpft sind, für einen an Bedeutung verlieren und dadurch verblassen.

Lediglich einige Highlights in unserer 6 Jahre währenden Bekanntschaft sind mir noch im Kopf geblieben.

- Wie wir uns kennenlernten
- Unsere vielen Insiderwitze
- Wann wir uns das erste mal stritten
- Woran diese Person erkrankte
- Was wir taten, als wir uns wiedersahen
- Warum wir einander entschwinden ließen

Und mit diesem Vorwissen traute ich mich an Chats heran, die vier Jahre zurückliegen. Die ganz unten im Protokoll immer kürzer werden, doch nach obenhin strebend an Länge und Emotion gewinnen.
Es liest sich wie eine typische pubertierende Freundschaft zwischen Junge und Mädchen, die sich alle paar Tage ihr Leid klagen.

Doch geht es hier ums Vergessen, nicht ums Erinnern, darum nun die Liste mit Dingen, die ich vergessen habe.

- Wie wichtig wir einander waren.
- Dass wir immer wieder stundenlang telefonierten.
- Wie abweisend ich sein konnte.
- Wie ich Hilfeschreie übersah.
- Wie mich Kleinigkeiten aufregten.
- Dass wir einander nicht einfach nur aus den Augen verloren, sondern ich sie von mir wegschob.
- Warum wir einander brauchten.
- Warum wir nicht füreinander da sein konnten.

Es war mir tatsächlich zusätzlich aus den Erinnerungen entschwunden, was für ein unangenehmer Mensch ich zur Zeit meiner Depression zu sein schien. Ich hatte wohl mit mir selbst zu tun und konnte deshalb nicht auch für sie da sein.

Ich könnte wohl noch einige Entschuldigungen oder Rechtfertigungsversuche anbringen, um mein Vergessen eines Großteils unserer Beziehung zu erklären, etwa dass wir beide immer betrunken waren, wenn wir miteinander sprachen, weswegen dies wohl in meiner Erinnerung verblassen musste.
Dass zu dieser Zeit unheimlich viel los war.
Dass sie ja schließlich auch zugesehen hat, wie unsere Freundschaft den Bach runtergeht.

Aber ich glaube, letzteres hat sie nie getan, sondern war es wohl einfach nur leid, sich wieder und wieder von mir verletzen zu lassen.

Vielleicht wird mir nun wieder all das etwas bewusster sein. Es lässt mich jedenfalls unsere damalige Freundschaft mit anderen Augen sehen.


Jasper

Dienstag, 29. August 2017

Lebenserwartungen

Die ganze Welt würde uns bald offenstehen, haben wir gedacht, als wir noch in die Schule gingen. Die ganze Welt würde nur darauf warten, dass wir sie entdecken, uns ins Leben stürzen, neue Leute kennenlernen, das Fremde vertraut wird und das bisher vertraute in der Erinnerung verblasst.
Ja, so haben wir uns das vorgestellt. Ein halbes Jahr nach dem letzten Schultag saß ich noch immer mit den gleichen Menschen in den gleichen Bars. Nur mit dir habe ich leider nicht mehr geredet.

Und dann redeten wir doch wieder und dann lernte ich doch ein bisschen das Leben außerhalb meines kleinen Kreises kennen, durch dich sogar JEMANDEN außerhalb meines kleinen Kreises und dachte: „Jetzt, jetzt wird sich alles ändern. Jetzt kann ich mich ins Leben stürzen, mehr Menschen kennenlernen. Die Welt und Menschen warten nur darauf, dass ich sie entdecke, sie können es kaum erwarten. Bald verblasst dieses Häufchen Elend, das ich einst war in der Erinnerung.“
Ja, so habe ich mir das vorgestellt. Doch ein Jahr nach meinem letzten Schultag saß ich noch immer mit den gleichen Menschen in den gleichen Bars. Nur mit euch beiden habe ich kein Wort mehr geredet und werde es wohl auch nicht mehr tun.
Ein Jahr nach meinem letzten Schultag wartete ich auf meinen neuen ersten Schultag.

Oh wie anders wird wohl mein Leben sein, jetzt in der Ausbildung? Ich wohne jetzt in Berlin, ganz allein, ich kann diese ganze Stadt erkunden, mich endlich ausleben, ich lerne arbeiten, mich durchzubeißen, bin selbstdiszipliniert, lerne Frauen und neue Freunde kennen, habe einfach eine Menge Spaß und lebe mein Leben!“
Einen Monat später bin ich in einer festen Beziehung.
Nun sitze ich mit meiner Freundin und den immer gleichen Leuten in den immer gleichen Bars. Doch die Abende werden seltener.
Ich lerne neue Menschen kennen, ich lerne zu kämpfen, ich lerne, Missgunst zu ignorieren und konzentriere mich auf das was zählt.
Ein Jahr später ist es soweit. Ich hätte das kleine Häufchen Elend, das ich einst war beinahe vergessen. Alles läuft so gut für mich, wie es nur kann. Ich bin glücklich.

Doch warum ist dann immer in mir dieses kleine Etwas, das schreit: „DU BIST ES NICHT WERT!“
ich DU glaube BIST nicht ES daran NICHT, ich WERT glaube DU nicht BIST daran ES
STOPP
Schreit dann noch ein anderes Ding in mir und plötzlich verstummt dieses kleine Ding und verkriecht sich in die hintersten Ecken meines Unterbewusstsein, um wieder hervorzukriechen, wenn ich gerade glaube, ich hätte es überwunden.

Drei Jahr später sitze ich immer noch in den gleichen Bars, mal mit den gleichen Leuten wie vor 5 Jahren. Mal mit den neuen Leuten. Und doch scheint sich nichts verändert zu DU haben BIST denn ES ich NICHT
STOPP
Es hat sich eine Menge verändert seitdem, ich bin wirklich relativ gut in dem was ich tue und glaube, ich kann DU es schaffen, wenn ich BIST nur fest daran glaube ES ich bin nämlich echt relativ stark im NICHT vergleich zu früher WERT DU VERSAGER! DU TRITTST AUF DER STELLE UND NICHTS WIRD DAS JE ÄNDERN
STOPP

Ja, vielleicht trete ich manchmal auf der Stelle. Vielleicht entwickle ich mich nicht so schnell wie ich möchte. Vielleicht bin ich nicht so extrovertiert geworden, wie ich gerne wäre, doch ich schätze mein jetziges Leben, ich möchte beinahe sagen, dass ich es liebe und sogar dass ich mich selbst liebe, doch ich STOPP

denn ich bin es wert.

Donnerstag, 13. April 2017

Brief an Dich

Hey.

Ich verstehe, dass du verwundert bist. Ich bin es auch. Ich verstehe, dass du es nicht verstehst. Ich tue es auch nicht. Warum ich dir schreibe? Warum ich mich melde? Warum mir nach all der Zeit noch etwas an dir liegt?

Nun ja, lass uns nicht albern sein. Mir liegt nicht mehr wirklich etwas an dir. Ich denke in letzter Zeit nur oft an vergangene Zeiten zurück und frage mich, was wohl geschehen ist. Wir waren einmal Freunde, haben wir zueinander gesagt. Wir standen füreinander ein, nahmen uns Zeit füreinander. Stundenlang saßen wir am Computer, schrieben lange Nachricht für lange Nachricht, in denen wir uns unsere Seelen ausschütteten.
Ich glaube, damals dachten wir, das würde immer so sein. Dass alles, was wir zueinander sagten auch so gemeint gewesen wäre. Ich glaube, wir dachten, wir sind wirklich besser als D I E, weil wir hier sitzen und uns unsere Gedanken machen, während sie einfach ihr verschissen-schönes Leben leben.

Ich glaube, irgendwann haben wir beide verstanden, wie ungesund dieses Verhalten für uns ist. Dass wir nicht mit den Problemen des jeweils anderen umgehen können, wenn wir noch nicht mal unser eigenes Leben auf die Reihe kriegen.
Und so hörten wir irgendwann einfach auf.

Deine Nachrichten kamen seltener, meine Nachrichten blieben aus. Und aus einem Zwanzigzeiler wurde ein „Hey.“, ein „Ja, mir auch.“ und ein „Und sonst so?“
Ich glaube, wir haben irgendwann alle Worte verbraucht, denn mit sechzehn dachten wir zwar, wir hätten die Weisheit mit Löffeln gefressen, dass alles schlechte auf der Welt uns bereits widerfahren war. Mit achtzehn dann merkten wir, dass das erst der Anfang war. Doch nach dem Superlativ gibt es keine Steigerung mehr und es konnte uns schon Jahre davor nur am beschissensten gehen und nicht am beschissestensten.
Ja, ich glaube, wir haben die Worte für das Leid schon lange aufgebraucht, bevor wir mit den Anforderungen des echten Lebens konfrontiert wurden. Was hätten wir uns noch sagen sollen?

Und trotzdem, hätte ich dich damals wohl gebraucht. Und sei es nur um zu wissen:„Ich bin nicht allein."
Freilich, heute führe ich ein gutes Leben und dir wird es wohl ähnlich gehen und ich wünsche dir das von Herzen.

Und dennoch frage ich mich häufig, wann das Ende begann. Als wir immer seltener schrieben? Oder mit den ersten Streits? Als wir begannen, gemeine Worte zu gebrauchen, wobei ich den Grund gar nicht mehr verstehe?

Ich glaube, damals dachte ich, du wärst der einzige Mensch, der mich versteht und ich wäre der einzige Mensch, der dich versteht. Heute scheint das alles so bedeutungslos zu sein. Und doch glaube ich, dass ich, wenn ich dich nicht gekannt hätte, heute ein anderer Mensch wäre. Dass mir so viel im Leben entgangen wäre, hättest du mich nicht darauf aufmerksam gemacht.

Du hast mir meinen Lieblingsfilm gezeigt, meinen Lieblingssong. Du hast mir gezeigt, dass die Welt noch etwas für mich bereit hält, auch wenn ich es nicht erwartet habe. Du hast mir gezeigt, dass ich etwas wert bin. Du hast mir gezeigt, dass ich ein Rettungsboot sein kann, und ich habe dich sicher durch manchen Sturm gebracht.

Ich glaube, im pubertären Überschwang haben wir damals einiges gesagt, was wir nicht so meinten. Was wir heute nicht mehr sagen würden. Aber heute ist es zu spät - und es ist gut wie es ist.

Ich habe mich ziemlich gemacht, weißt du? Ich habe mir manchen Traum erfüllt, ich habe eine Frau an meiner Seite, die atemberaubend ist. Ich bin ein ziemlich guter Musiker geworden.
Ich bin immer noch ziemlich tiefgründig und grüble zu viel, aber du wirst wohl nichts anderes erwartet haben.
Und ich trage jetzt Anzug, fast jeden Tag. Das hätten wir Schwarzträger, grauen Mäuse, Wallflowers wohl nicht erwartet.

Was du machst, weiß ich nicht. Wie du heute aussiehst, mit wem du deine Zeit vertreibst. Und ich glaube, ich möchte es auch nicht wissen, weil alles was heute ist, nicht mehr so intensiv sein kann, wie früher.

Weil wir gelernt haben, aus dem, worüber wir uns früher den Kopf zerbrachen. Wir haben gelernt, nicht mehr zu viel zu vertrauen, nicht mehr zu viel von uns preiszugeben, dass Freundschaft endlich ist. Dass die meisten Menschen die wir treffen nur kurze Wegbegleiter, Bekanntschaften auf einem schier unendlichen Lebensweg zu sein scheinen.
Und so wächst mein Bekanntenkreis immer weiter, während mein Freundeskreis zu schrumpfen scheint.

Und so bist auch du nur jemand, den ich irgendwann mal kannte. Und manchmal wünsche ich mir schon, es würde noch einmal anders sein. Dass wir das gleiche Gefühl beim Miteinanderschreiben bekämen wie damals. Doch wir kratzen an der Oberfläche, denn wir haben uns damals alles gesagt, allen Schmerz geteilt, der zu teilen war und heute könnten wir nur noch in Hyperlativen miteinander sprechen, die niemand von uns aussprechen will, weil wir uns doch ohnehin wieder entfremden werden. Also lassen wir das Leid in uns gekehrt und finden uns ab, damit, dass unser Leben, so wie es ist schon gut genug ist. Dass all das Leiden und Weinen, all der Neid auf die, denen es besser zu gehen scheint als uns, sinnlos sind.

Und wenn du mir irgendwann mal wieder schreibst, dann sag ich „Hey.“, „Na muss ja...“ und „Und dir?“, und ich bin genauso wenig an der Antwort interessiert wie du, nachdem du mir die Frage nach meinem Wohlbefinden stelltest. Und so bleibt es eine Farce, ein nettes Spiel, das wir spielen, aus Höflichkeit und Nostalgie.
Ich erinnere mich manchmal gern an diese Zeit und lasse unsere Bekanntschaft von nun an lieber ruhen. Manchmal würde ich gern den Moment vergessen, der aus der Freundschaft eine Bekanntschaft werden ließ, um dich eine rein positive Erinnerung sein zu lassen.

Aber irgendwie scheint aller Scheiß und alles Schöne, das wir erleben, uns zu prägen und ich glaube, du warst eine wertvolle Erfahrung auf meinem Lebensweg. Dafür möchte ich dir danken und dich wissen lassen, dass du einen Platz in meinen Erinnerungen verdienst. Doch diese möchte ich gern lassen, wie sie sind.

Du bist einige sehr wichtige Personen und ich weiß gar nicht genau, an wen ich diesen Brief adressieren müsste, wenn ich ihn irgendwann einmal verschicken würde, aber ich glaube, dass das gar nicht so wichtig ist. Viel wichtiger ist, dass ich diese Worte einmal loswerden konnte.

Denn selbst wenn du sie läsest, bliebe es bei einem „Hey, wie geht's?“ und irgendwann tut das einfach zu sehr weh.

Ich hoffe dir geht es gut. Ich hoffe, dein Leben ist heute genauso schön, wie das, das ich führe und dass das auch so bleibt.

Ich schicke dir freundschaftliche Grüße aus der Vergangenheit, die dich vermutlich niemals erreichen werden.


Dein B.

Mittwoch, 22. Februar 2017

Eine Heldenmär

Heut erzähl ich euch die Mär, von einem ganz ganz großen Kerl,
ein Mann wie aus der alten Zeit, stets tapfer, selbst wenn er dem Untergang geweiht.
Nun könnt man sagen, er ist nur einer von vielen, nichts besonderes,
eines von X Beispielen, doch erstens kommt es
immer anders und zweitens anders als man denkt,
drum lasst mich euch berichten, warum man diesen Kerle kennt.

Er war ein Krieger, muskulös und von fabelhafter Statur,
das Kämpfen, Taktieren und Siegen lag in seiner Natur.
Eine schwere Rüstung, ganzkörperlich getragen,
sorgte dafür, dass es ihm nie ging an den Kragen.
Sein Schwert so scharf wie der Zahn der Zeit,
und noch dazu war es ebenso alt.

Und wie ich schon sagte, lag das Siegen in seiner Natur,
und so kam es, dass er sein Leben lang kaum kam zur Ruh.
Er tötete Krieger aus aller Herren Länder,
und reiche Herren in edlen Gewändern.
Nie kam er dazu sich persönlich zu bilden,
doch häufte er Reichtum in Form von Gold und Juwelen.

Und nach vielen hundert Schlachten, war er das Morden leid,
und versuchte sich von da als Leibwächter für Reisende von nah und weit.
Er hatte nie etwas anderes gelernt, doch sein Ruf eilte ihm voraus
darum gingen ihm seine Aufträge nie aus.
Doch irgendwann wurde er alt, sein Geist desolat,
und so kommen wir zu seiner letzten großen Tat.

Eine Gruppe Händler führte er durch eine Höhle,
doch oh schreck, sie verliefen sich und das rief das Böse,
das dort hauste, schon seit tausend Jahren, herbei,
ein schreckliches Ungeheuer, das nach den Legenden für keinen Vorstellbar sei.
Doch, so sagt man, erschien es, wie ein einziger Schatten,
mit roten Augen, scharfen Zähnen und immun gegen Waffen.

Die Gruppe mit unserem Helden wurde in die Enge gedrängt,
sie hörten das Schreien des Monsters und der Held wurd bedrängt
doch endlich etwas zu unternehmen, um das Monster zu besiegen
und da wurde er ein klein wenig durchtrieben.
Er dachte nach und dachte und dachte,was in seinem Geist eine Idee entfachte.

“Gegen Schatten hilft nur Licht”, schrie er, als die Gruppe, mit dem Rücken an der Wand,
dem großen Schatten gegenüberstand.
Und so warf er seine Öllampe und die der anderen Gruppenmitglieder hinterdrein,
ein riesiges Feuer warf auf sie einen letzten Schein.
Denn in dem geistigen Triebwerk des Kriegers war ein Krümelchen Sand,
er hat eins nicht bedacht, es gab keinen Ausweg, denn hinter ihnen war die Wand.

Und als das Feuer abgeklungen war, hörte man Gekicher
eines Goblins, der dachte “Jetzt bin ich sicher”.
Der Goblin gibt sich mit einem klein wenig Magie
als wäre er das jahrtausend alte Monster Allunatalhie.
So verbreitete er die Geschichte, mit den Worten: “Der Krieger hier, war ein gottverdammter Held,
und hat mich reich gemacht, dank ihm schwimm ich nun im Geld.”

Und so endet unsere Heldenmär,
von einem alternden Held, der wohl besser zu Haus geblieben wär.

Montag, 20. Februar 2017

Zwei Jahre rum. Wow.

Hey Bruder“, sagt er, als er in den Raum kommt. Ich blicke mich verwirrt um. Nur wir beide befinden uns in diesem Raum. Dieser Mensch blickt mich an und er scheint mich zu meinen. Dabei sind wir keine Brüder, wir sind nur Menschen die sich flüchtig kennen, also warum kann er mich nicht einfach beim Namen nennen oder noch besser schweigen, schweigen, den Raum verlassen, denn das würde es leichter machen, seine Existenz zu verneinen. Ich nehme einen Schluck von meinem Bier. Ich überlege noch kurz, wie ich auf diesen Kommunikationsversuch am besten eingehen soll. Immerhin hat er erkannt, dass ich ein Mann bin und wenn ich sein Verhalten ressourcenorientiert bewerte, dann muss ich das anerkennen. Mittlerweile ist eine gute Minute vergangen und selbst mir wird die im Raum stehende Spannung nun unangenehm, weswegen ich ihm flüchtig in die Augen seh und entgegene: „Hey.“

Er zieht sein T-Shirt aus und steht nun nur noch in Badehose vor mir. Das nächste Mal, wenn ich wegfahre, buche ich ein Einzelzimmer, schwöre ich mir. „Ey, weißt du noch, diese krasse Party, von der ich dir erzählt habe?“
Ich gähne. „Ja, weiß ich noch.“
-“Ey, die war der Oberhammer, schwöre ich dir, das war so heftig ey, das war überkrass! Ich schwöre dir, einhundert Leute in meinem Haus und nichts kaputt gegangen, aber alle krass gute Laune und jeder mindestens 3 Promille!“
Ich erwähnte doch bereits, dass ich mich an seine erfundene Geschichte erinnere, warum erzählt er mir noch einmal davon?
Ja, daran arbeite ich auch gerade.“
-“Was?“
Nicht so wichtig.“ Ich gieße ein wenig Wodka in mein Bier und nehme einen großen Schluck.
-“Und jedenfalls war da doch diese süße Maus-“
Die du gevögelt hast, ja.“
-“Ja, genau! Wenn du bei meinen Geschichten noch weiter so gut zuhörst, dann lernst du noch was, Diggi. Warum bist du eigentlich single? Bruder, wenn du deine Haare so lässt und ein paar Kilo abnimmst, dann stehen einfach alle Weiber auf dich, ich schwör dir, dann kannst du auch mal wieder einen wegstecken und 'ne Freundin haben und so.“

Krasser Scheiß, denke ich mir, ich setze an, mit einer eloquenten Antwort zu parieren, aber er redet schon weiter.
-„Naja, und du darfst natürlich nicht so schüchtern sein, aber ist ja klar, oder? Aber naja, auf jeden Fall war da diese Geile, die ich gefickt hab, weißt du noch? Und das war so krass, als sie gekommen ist, hat sie erstmal meine Gitarre durch's Zimmer gekickt, so heftig, aber der Gitarre ist nichts passiert und wenn doch, dann hätte ich mich gut entschädigen lassen, haha, verstehst du, Bruder?“ Dieser Teil der Geschichte ist wahr, habe ich mir sagen lassen.
Er hebt seine Hand und blickt mich erwartungsvoll an. Ich unterdrücke den Drang, sie anzuspucken. Ich hebe meine Hand nicht.
Alles klar, war's das dann?“ Er senkt seine Hand und erzählt ungeniert weiter.
-“Naja, auf jedenfall ist diese Olle auch hier feiern und hat mich sofort wieder erkannt. Naja, wie sollte sie auch nicht, haha. Wobei, eine Weile waren auch ihre Augen verbunden und sie war auch megastralle, aber naja, ich ja auch und wenn ich mich an sie erinnern kann, dann muss sie ja erst recht. Naja, auf jeden Fall will ich die Kleine heute wieder abschleppen, aber das stört dich doch nicht, nachher mal kurz rauszugehen. Aber pack deine Gitarre in Sicherheit, ja? Haha!“
Ich gieße ein wenig Bier in meinen Wodka und exe die Flasche. 

Ich kenne sie seit der dritten Klasse. Finde sie echt niedlich. Seit der dritten Klasse.
Wir haben Theater gespielt, in der Grundschule. Nun, wir haben uns aus den Augen verloren und dann war sie nach Jahren wieder da. Ich dachte, das wird meine Zeit, aber wenn dir die Gesellschaft eines verschweigt, dann ist es diese Lektion: Nur mit Nettigkeit kommst du auf keinem deiner Wege besonders weit.“

Ich fühle mich wie meine Flasche. Leer. Vergleiche kann ich. Wie kann es sein, dass dieser Kerl, ausgerechnet DIESER Kerl... Nein. Ich breche meinen Gedankengang ab, denn wenn ich eines verstanden hab, dann, dass es keine Gerechtigkeit für Typen wie ihn gibt.

Nene, stört mich nicht. Und jetzt zieh dir ein T-Shirt an.“
-“Alles klar, Diggi, bist'n Bro, ich würd das gleiche für dich machen, wenn du rumvögeln würdest hier und so, aber das weißt du ja, ne? Du musst einfach mal auch feiern, ey, das ist die beste Zeit in deinem Leben, Alter! Nutz die Zeit die dir bleibt. Aber lass lieber dein T-Shirt an, wenn du wen aufreißt, die Menschen hier sind echt oberflächlich.“

Einen kurzen Moment überlege ich, ihn mit seinem Shirt zu erdrosseln. Ich entscheide mich allerdings dafür, das Zimmer stumm zu verlassen. Ich gehe zur Hotelbar. Ich habe das Kennedypaket gebucht.

Montag, 9. März 2015

Danke Berlin

Man, hier ist lange nichts passiert.
Dann wird es mal wieder Zeit, etwas zu veröffentlichen. :)

Auf dem Kreuzberg stehend, gen Horizont blickend, rinnt die Zeit an mir vorbei, wie die Menschen die mich umgeben und die keine Notiz von mir nehmen.

Ich blicke einer großen Zukunft entgegen, die mir so unwirklich erscheint
blicke so vielen Menschen entgegen, von denen dann doch nie jemand erscheint
ich blicke in den Spiegel meiner Erwartungen und merke
ich kann ihnen nicht entsprechen, wie erwartet ich
stehe auf dem Kreuzberg und lasse mich von Sonnenstrahlen bescheinen
denke an mein Sein und den Sinn dahinter
dachte, alles wird besser im Frühling, im Winter
und hinter meiner Rayban verengen sich meine Augen zu Schlitzen,
was ist bloß passiert mit dem gewitzten und optimistischen Realitätsverkenner?
Was ist bloß passiert mit dem Alle-Lieder-die-du-ihm-zeigst-Benenner?
Was ist bloß passiert mit dem In-der-Ausbildung-zum-Erzieher-wird-alles-wunderbar-Spinner?
Mit dem kaum noch schreibenden Beinahe-nen-Poetry-Slam-Gewinner?

Pah, ein verächtliches Lachen über verfehlte Erwartungen dringt über meine Lippen
gefolgt von einem langen Moment Stille, lediglich gefüllt von den Stimmen
die ich höre wegen der Musik in meinem Kopf, die nie verklingt
die mich bestimmt und depressive Texte singt,
wenn es mir schlecht geht und immer auf repeat
ich weiß auch nicht warum mir das immer geschieht
und warum es niemand hier sieht,
wie es mir geht, wie ich leb, wie ich streb,
nach immer Höherem und Höherem,
ich bin zu Höherem berufen
oder wäre es gern, das weiß ich nicht genau.

Ich habe den Sonnenuntergang abgepasst,
die Sonne versinkt langsam hinter der Skyline der Stadt,
und um mich herum wird es genauso dunkel wie in mir drin, Home Sweet Home
die Menschen verschwinden langsam, gehn nach Hause, Home Sweet Home,
doch ich bleib hier.

Sie sagen mir, greif nach den Sternen, du bist jetzt in der Hauptstadt,
greif nach den Sternen, wir alle wissen, dass du's drauf hast,
greif nach den Sternen, du bist schließlich intelligent,
greif nach den Sternen, du bist doch der, den man Benjamin Sternberger nennt!
Jeder der mir sagt, ich solle nach den Sternen greifen ist einer der verkennt,
dass die Hauptstadt nachts wie eine riesengroße Glühbirne brennt.
Wie bitte schön, soll ich in einer Stadt nach den Sternen greifen,
deren Nacht keinen Sternenhimmel kennt?

So wenig Sterne für viel zu viele Menschen, die alle ihren Blick auf das große Ziel gerichtet haben
So wenig Sterne für alle, deren Hoffnungen sich nur aus Wunschträumen ergaben
und dann hin und wieder Sternschnuppen die nur eineinhalb Sekunden lang erstrahlen
eh sie verblassen, um an denen, die sie sahen vorbeizurasen.

Greif nach den Sternen, du hast hier alle Möglichkeiten der Welt
Greif nach den Sternen, - Das bringt mir aber kein Geld!
Greif nach den Sternen, - Hallo Welt!
Greif nach den Sternen, - Ihr wiederholt euch, wie die Lieder in meinem Kopf!
Greif nach den Sternen, - Halt, Pause, Stopp!
Greif nach den Sternen, - Wie denn, gottverdammt!?
Greif nach den Sternen, - Hol mir einen vom Firmament, dann tu ich's dir nach
doch bisher hab ich mir die Hände nur verbrannt.

In mir drin ist so viel Trauer und so viel von dieser Wut
doch jetzt lass ich sie raus und spür wie gut das tut,
ich spüre wieder den Kummer von damals,
obwohl es früher noch viel schlimmer war, ja!
Ich hab mich weiterentwickelt und eigentlich gehts mir okay
ich hab nur meinen Lebensweg verfehlt und weiß nicht, wohin mich dieser jetzt trägt,
vielleicht ist das nur jammern auf hohem Niveau,
doch ich muss es jetzt tun, so oder so,
da führt kein Weg dran vorbei,
ob ich will oder nicht, ich mach mich jetzt frei
von all diesem Scheiß.

Ja, ich hab wenig Kohle, doch ich kann meine Rechnung' bezahln,
ich bin genervt von der Ausbildung, ich wollte doch mal
so gern Erzieher werden und schmeiß meine Träume nicht weg
wegen Stress, Faulheit und nervigen Menschen tret ich sie nicht in den Dreck!

Ich bin ein Immer-mehr-begehrer-, ein Zunehmer, ein Dinge-vor-sich-herschieber,
doch ich geh das jetzt an, ich bin nie mehr ein Verlierer,
wegen depressiver Gedanken in meinem Kopf verbau ich mir nicht meinen Weg,
ich geh das jetzt an, das wird die Art wie ich leb.
Wenn ich bei Netto an der Kasse sitze, dann nur um mich an Kapitalisten zu bereichern,
die denken sie beuten mich aus, dabei geb ich 'n Fick auf diese Scheiße
und vielleicht ist dieser Text nur Selbsttherapie
aber das ist okay
und ich schrei vom Kreuzberg bis zum Fernsehturm
Danke Berlin!